Fest im schwarzen Würgegriff

Niederösterreich: Ein Land im schwarzen Würgegriff

Ein politisches Sittenbild Niederösterreichs vor der Landtagswahl Erwin Pröll hat sie alle fest im Griff: In seiner Fan-Initiative „wir:pröll“ finden sich nicht nur schwarze Parteifreunde wie Raiffeisen-Boss Christian Konrad (der dem LH sagt wo es langzugehen hat) sondern auch der SPÖ zuzurechnende „WahlhelferInnen“ wie Fritz Muliar, Adi Hirschal oder Marianne Mendt. Arrangiert hat sich Pröll seit langem zudem auch mit Hermann Nitsch – trotz seiner Blut- und Schüttbilder ein Feindbild für alle einer „Blut-und-Boden“-Kultur verhafteten Rechtsaußen-PolitikerInnen, aber ein Muss für aufstrebende BildungsbürgerInnen. Auch die ehemalige Grün-Abgeordnete Langthaler diente sich dem seit 16 Jahren regierenden Pröll beim schwarzen Wahlkampfauftakt zur Überraschung von Schwarzen wie Grünen als Moderatorin an. Die schon als Beraterin des ÖVP-“Vordenkers“ Josef Pröll aufgefallene Langthaler lobhudelnd: „Da muss ich neidlos sagen: Ich stimme mit allem überein“. Vielleicht ein Hinweis, dass die Grünen – deren Chefin Petrovic vehement in die Regierung drängt – als Koalitionspartner nach dem Modell Oberösterreich zur Verfügung stehen würden, sollte Prölls ÖVP am 9. März wider allen Erwartungen die absolute Mandatsmehrheit verlieren sollte, die sie mit 47 Prozent der Stimmen (2003: 53 Prozent) immer noch halten kann. Sinnige Wahlgeschenke Derweilen beglücken Pröll und seine schwarze Truppe die NiederösterreicherInnen mit zweifelhaften Wahlgeschenken: Ein eigens kreiertes Imitat der Pröll-Glatze („tragbar, waschbar, wählbar“) für die AnhängerInnen von „Mütze statt Frisur“, Traubenzuckerdrops namens „Erwinizer“ für die Youngsters (nach „Men in Black“ und „Lowlander“ bei früheren Wahlkämpfen), ein Steinbock als Stoff namens „Sepperl“, der nach dem LH-Dackel benannte „Tobis Hundeknochen“ oder gar eine CD mit einer musikalischen Liebeserklärung an Niederösterreich namens „Des ist mei Heimat“ von Pröll im Duett mit der Ulk-Lady Jazz-Gitti. Das alles natürlich aus Steuergeldern, ebenso wie die Wunschkennzeichen „P-ROELL“ versehen mit der Nummer eins bis sechs für das schwarze Kernteam. Wer es wünscht, bekommt eine persönliche Widmung des LH, der mittlerweile zum Ko-Autor eines Buches aufgestiegen ist, nachdem er 1995 noch leichtfertig meinte, als einziges Buch den „Schatz im Silbersee“ gelesen zu haben. Längst hat sich Pröll nämlich die Kultur als die ihm ureigenste Kompetenz angeeignet und ist dabei nicht wählerisch: Er sorgte etwa dafür, dass der ihm politisch keineswegs nahestehende 1939 vertriebene und erst 1957 auf Vermittlung Kreiskys nach Österreich zurückgekehrte jüdische Schriftsteller Theodor Kramer über den „Club Niederösterreich“ posthum quasi zum Landesdichter aufgewertet wurde. Die ÖVP bedient nicht nur ihre Stammklientel Bauern und Gewerbetreibende, sondern auch die BildungsbürgerInnen. Wenn der LH dem bösen Karikaturisten Deix und dem Aktionskünstler Nitsch ein Museum errichten lässt, dann mögen das dumpfe Gemüter wie Christen-Chef Gering als „Verhöhnung des Christentums schlechthin“ empfinden. Die kulturelle Oberhoheit hat Pröll damit zweifellos aber erreicht und macht der SPÖ die ihr früher zugeneigten KünstlerInnen und Intellektuellen abspenstig. Zum Ruhme des LH wurde das Kulturbudget von 41,6 Millionen Euro 1992 auf 114,2 Millionen Euro 2008 gesteigert. Zum Vergleich: In der Steiermark werden magere 50 Millionen für Kultur ausgegeben. Und zudem wurde das niederösterreichische Modell – Finanzierung durch den Staat, Durchführung durch privatrechtliche Akteure – sogar vom Deutschen Bundestag als „innovatives Modell“ bewertet… Ohnmächtige Sozialdemokratie Das „System Pröll“ – laut „Presse“ eine „Mischung aus Agrarbasisdemokratie und Gottkönigtum“ – stützt sich mit dem ÖVP-Bauernbund als Kern auf eine flächendeckend über ein Netzwerk von Vereinen, Feuerwehr, Musikkappellen etc. bis in die letzten Ortschaft der 573 Gemeinden des Landes reichende Hausmacht, sondern auch auf die Gefügigkeit der SPÖ: 8.550 Beschlüsse wurden von der Landesregierung (sechs ÖVP, drei SPÖ-Mitglieder) in den letzten fünf Jahren gefasst, nur 15 davon waren nicht einstimmig. Kein Wunder, dass angesichts solcher Übereinstimmung selbst die mittlerweile auf ihrem LH-Stellvertreterinposten von Staatssekretärin Kranzl massiv bedrängte SPÖ-Spitzenkandidatin Onodi mit einem „herzigen“ Wahlkampf keinen Erfolg bei dieser Wahl erwartet und nicht einmal mehr das Brechen der absoluten ÖVP-Mehrheit als Wahlziel ausgibt. Sprüche wie „Wir sind Garant für Konsens … und stehen für die Fortsetzung des niederösterreichischen Erfolgskurses…“ könnten auch von Pröll stammen. Der raue Wind der Bundespolitik – laut Pröll „Murks, Pfusch, Schande“ der „jeder Beschreibung spottet“ – und das Unbehagen über den aus Niederösterreich kommenden Bundeskanzler Gusenbauer der übrigens Auftritte im nö Wahlkampf bewusst meidet tun da ihr übriges dazu. Versuche im Wettlauf mit der ÖVP etwa in punkto Sicherheit mitzuhalten und die Schließung von Polizeiposten in der schwarzblau/orangen Regierungszeit zu kritisieren verhallen dabei ebenso hilflos. Und den Vorwurf, sie würde für ein Bleiberecht von AsylwerberInnen eintreten, dementierte die SPÖ heftig. Auffällig ist auch, dass die sich sonst radikal gebende Parteijugend der SPÖ im Wahlkampf kritischer Anmerkungen zur SPÖ-Politik im Allgemeinen betont enthält und lieber Wahlpartys organisiert, wo das Krügel bis 21.30 Uhr nur einen Euro kostet… Die Konkurrenz von rechtsaußen Die ÖVP agiert ähnlich dem Motto der bayrischen CSU „Rechts von uns darf kein Platz freibleiben“: Sprüche des LH – der Moscheen mit Rückgriff auf eine völkische Sprache als „artfremd“ bezeichnete – wie „Wir schützen die Grenze“, „Wer illegal kommt, kommt nicht weit“, „Vater, Mutter, Kind, das ist nach wie vor die ideale Familie und nicht verzopft“, „Solange es mich in diesem Land gibt, gibt es keine Gesamtschule“ oder „Bei kriminellen Asylwerbern muss man mit aller Härte vorgehen“ zeigen, dass er rechte Konkurrenz wie FPÖ, BZÖ oder Christenpartei nicht aufkommen lassen will. Billige Arbeitskräfte – etwa für die Pflege, den Sozialbereich oder die Gastronomie – aus dem Osten sind laut eigenen Worten des Landesfürsten freilich höchst willkommen, daher auch der Druck für die Verlängerung der Pflegeamnestie. Mit klaren Feindbildern tritt die wieder im Aufwind befindliche FPÖ mit dem Motto „Mut zur Heimat“ an. Politisch weit rechtsaußen zu verorten ist die Spitzenkandidatin Rosenkranz. Kein Zufall dass ihre zehn Kinder durchgängig teutonische Vornamen tragen, war Gatte Horst doch einst Aktivist der später verbotenen NDP. Auch die Feindbilder der FPÖ liegen auf der Hand: AsylwerberInnen, MigrantInnen, Islam usw. Dazu Standardthemen wie Sicherheit, Familie und Heimat. Aber in diesem Sumpf des Populismus tummeln sich auch die anderen Parteien mit mehr oder weniger ausgeprägter Intensität, sodass es ganz schön eng wird. Eine gewisse Konkurrenz von rechts haben die Schwarzen auch durch die in 20 Wahlkreisen kandidierende „Christen-Partei“, ein Klüngel reaktionären Gedankenguts sondergleichen, deren „Generalsekretär“ Steier „Mit Gottes Hilfe“ leicht größenwahnsinnig gar von „acht bis zehn Prozent“ Wählerpotential träumt. Diese Truppe – für die Human-Life-Chef Fischer kandidiert, dem gerichtlich nachgewiesen wurde gegen Patientinnen und Personal einer Abtreibungsklinik Psychoterror ausgeübt zu haben – will Pröll & Co. durch eine kompromisslose Ablehnung der Fristenlösung und Homosexualität WählerInnen abspenstig machen. Ein vom Land gefördertes Programm zur Sexualaufklärung punzieren diese seltsamen Christen als „Verbreitung von Unzucht und sexueller Ausschweifung unter Kindern und Jugendlichen“. Und zur Homosexualität meint Steier treuherzig „In meinen Augen ist Homosexualität widernatürlich. Es spricht viel dafür, dass es eine Krankheit ist. Aber es sagt niemand, dass Homosexuelle nicht heilbar wären“. Anders hört man es von den islamischen Fundis in Teheran auch nicht. Gegen die Vereinnahmung der Christen durch diese seltsame Partei – und wohl auch als Schützenhilfe für die ÖVP – hat sich der Herzogenburger Probst Fürnsinn in einem „zufällig“ auch zu den Medien gelangten Brief ausgesprochen. Bürgernähe und so weiter Der LH gibt sich stets bürgernah. Von dieser angeblichen Bürgernähe können manche BürgerInnen freilich ein eigenes Lied singen: Etwa die GegnerInnen der seit Jahrzehnten umstrittenen Umfahrung Wieselburg, wo auf Weisung des LH dieses Projekt „umgehend in Angriff zu nehmen“ war ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung abzuwarten. Mit einem flotten Spatenstich setzte Pröll höchstpersönlich Fakten. Bei der geplanten Umfahrung Zwettl entwickelt sich ein veritabler Konflikt nicht nur mit Bürgerinitiativen, sondern auch mit dem Stift. Und eines von Prölls Lieblingsprojekten ist die Nordautobahn – bezeichnenderweise finanziert als PPP-Projekt über Raiffeisen. Der Staat zahlt, die Bank profitiert… Wenn ihm nach den vielen Spatenstichen und Eröffnungen – wie der gerade 900 Meter langen Westspange Rannersdorf oder einem Kreisverkehr in Klosterneuburg – noch Zeit bleibt, kassiert der LH so nebenbei Ehrenbürgerschaften in den Gemeinden wie am Fließband ein. Wenn es hart auf hart geht, wird jedoch Klartext gesprochen: „Wer den Landeshauptmann angreift, greift das Land an – und das Land wird zurückschlagen“ so O-Ton Pröll. Und auf Youtube kursiert ein Video, in dem er einen kritischen Pfarrer vor aller Öffentlichkeit die Leviten liest. Etwas daneben griff Pröll hingegen vor einigen Jahren im Kampf gegen den Handymasten-Wildwuchs mit einer lautstark angekündigten und bald wieder aufgehobenen Handymastensteuer, mit der die ÖVP umweltpolitisch punkten wollte und einen schmählichen Rückzug antreten musste. Der Bund als Reibebaum Feindbild Nummer eins für den schwarzen LH ist die Bundesregierung: Hauptargument dabei ist, dass im Bund nur gestritten, in Niederösterreich hingegen gearbeitet wird. Er wirft dem roten Kanzler eine „unglaubliche soziale Kälte“ vor und zauberte flugs ein Pflegemodell, eine Verdoppelung des Heizkostenzuschusses und eine Erhöhung der Pendlerhilfe aus dem Hut. Freilich ist es sehr billig und durchsichtig, „Pflege-Pfusch“, „Pensions-Murks“ und „Teuerungs-Wahnsinn“ nur der SPÖ anzulasten, ganz so als hätte es sechs Jahre schwarz-blau/orange Regierung nicht gegeben und würde nicht die Wirtschaft vorwiegend von der ÖVP dominiert. Aber auch sein schwarzer Parteifreund Molterer bekommt sein Fett ab, denn im Wahlkampf kennt Pröll auch keine Parteifreunde mehr, sondern nur noch sich selbst. Und demonstrativ werden keine Bundespolitiker zu den VP-Veranstaltungen eingeladen. Während beim VP-Wahlauftakt Niederösterreich in blaugelb sonnig erstrahlt wirken „die rot regierten Nachbarländer Wien, Burgenland und Steiermark hingegen finster und verschwommen – auch das schwarz-grüne Oberösterreich wirkt bedrohlich und unscharf“ (Die Presse). Vorsorglich auf Eis gelegt wurde auch die Achse mit dem Wiener SPÖ-Bürgermeister Häupl, der sich im „trend“ über diese Funkstille beklagt und als Ursache seine klare Haltung („Verträge sind einzuhalten“) in der Pflegedebatte ortet. Freilich liegt auf der Hand, dass ein schwarzer Landeshäuptling im Wahlkampf nicht seine Männerfreundschaft mit dem ihm wesengleichen Polterer Häupl von der politischen Konkurrenz pflegen kann. Und so muss sich die nö ÖVP aus Wien entgegenhalten lassen, dass ihr Versuch sich ins beste Licht zu stellen gar nicht so gelungen ist, wenn etwa die Kindergärten in Niederösterreich meist zu Mittag schließen, in Wiener Spitälern ein Großteil der nö Patienten behandelt werden und die WienerInnen umgekehrt ihre Kaufkraft in die Einkaufstempel im benachbarten Niederösterreich tragen. Und die gerne propagierten Gratiskindergärten in Niederösterreich sind durchwegs auf den Vormittag beschränkt, wodurch Frauen von einer normalen Erwerbstätigkeit überwiegend ausgeschlossen sind, was wohl auch der Zweck der Übung ist. Ministerium für Machtmissbrauch Bislang ist es dem „System Pröll“ auch gelungen, die Auswirkungen der vom ehemaligen BKA-Chef Haidinger aufgezeigten Skandale im Innenministerium einigermaßen von Niederösterreich fernzuhalten, vor allem mit Druck auf die Tränendrüse, man dürfe doch bitte, bitte nicht der 2006 verstorbenen Ministerin Prokop posthum etwas auf´s Zeug flicken. Nur Pröll-Mastermind Konrad lässt aufhorchen, wenn er für einen U-Ausschuss plädiert und meint: „Natürlich gehört das aufgeklärt.“ Dabei ist die vom früheren Innenminister Strasser mit seiner schwarzen „Buberlpartie“ ab 2000 durchgeführte Umfärbung des Ministeriums von rot auf schwarz der eigentliche Hintergrund. Was im „Ministerium für systematischen Machtmissbrauch“ jetzt zutage tritt ist der „machtbesoffene Blick eines niederösterreichischen ÖVPlers auf die Welt im Allgemeinen, auf Niederösterreich im Besonderen und das Innenministerium im Speziellen“ (Die Presse, 19.2.2008). Der gebürtige Oberösterreicher und im Land unter der Enns politisch einschlägig sozialisierte Strasser kommen ebenso wie Prokop als „nettes Gesicht nach außen“ und der jetzt im Kreuzfeuer stehende Ex-Sektionschef Ita und der mittlerweile zum ÖVP-Landesgeschäftsführer avancierte Karner aus dem Stall des Erwin Pröll. Der jetzt als Berater tätige Strasser werkt unter anderem auch daran, die Anteile der Diözese Sankt Pölten an den „NÖ Nachrichten“ mit 28 Regionalausgaben der Tiroler Moser-Holding zuzuschanzen, finanziert durch die Raiffeisen-Landesbank Oberösterreich von „Luigi Moneti“ Scharinger – sehr zum Unbehagen des nö Raiffeisen-Kaisers Konrad. Mediale Omnipräsenz Apropos Medien: Alle Parteien fordern die Abschaffung der „Rede des Landeshauptmannes“ im ORF – außer natürlich der ÖVP. Laut MediaWatch kam zwischen September 2007 und Jänner 2008 Pröll im ORF 43 Minuten, Petrovic 11 Minuten und Onodi 9 Minuten zu Wort. Ergänzend stellte MediaWatch fest, dass die Zeitungen „Pröll noch häufiger in den Mittelpunkt“ stellen. Wie der ORF für seine politischen Günstlinge sorgt wird etwa auch daran deutlich, dass in „Zeit im Bild“-Spitzenmeldungen demonstrativ betont wird, dass das (nur in 17 Wahlkreisen antretende) BZÖ kandidiert, aber gezielt verschwiegen wird dass die KPÖ (in allen 21 Wahlkreisen) als einzige nicht im Landtag vertretene Partei flächendeckend antritt. Als Begründung wird angeführt, dass das BZÖ im Parlament vertreten ist… Pröll und Konrad (laut Eigendefinition „Landeshauptmann von Österreich“) hievten einst Monika Lindner in den ORF-Chefsessel, dafür wurde Raiffeisen an der Antennengesellschaft ORS beteiligt. Pröll verkaufte laut „Standard“ vor Jahren seine Wiener Wohnung an ein Tochterunternehmen der Uniqa-Versicherung um 6,1 Millionen Schilling – fünfmal soviel wie der einstige Kaufpreis. Und weil er offenbar zur Crew gehört, wurde Starkoch Toni Mörwald in einer finanziellen Schieflage mit seinem von Raiffeisen gepachteten Klosterrestaurant durch eine Finanzspritze des Landes aufgefangen. Freunde lässt man schließlich nicht verkommen. Das System und seine Günstlinge Dort wo´s darauf ankommt sorgt das System für seine Günstlinge: So verfügte etwa der LH-Neffe, Landwirtschaftsminister Josef Pröll per Verordnung dafür, dass die Landwirte die Stickstoffdüngung ab 1. Februar 2008 wieder von 170 auf 240 Kilogramm per Hektar verstärken dürfen. Überhöhte Nitratwerte hin oder her, der „Lebensminister“ weiß schließlich, was gut für die Menschen ist, sollen sie halt Mineralwasser trinken, wenn das Trinkwasser nicht mehr taugt… Wie in Oberösterreich korrespondiert auch in Niederösterreich das politische System mit dem wirtschaftlichen Machtfaktor Raiffeisen: LH Pröll zieht mit seinem kongenialen Partner Konrad die Fäden, egal ob es um die Unterstützung des Militärkommandos, Grundstücksgeschäfte oder Betriebsansiedlungen geht. Die Raiffeisen-Unternehmen Agrana und Leipnik-Lundenburger prägen ebenso wie die Giebelkreuz-Bank das Land bis in den letzten Winkel. Auch wenn es nach der offiziellen Propaganda in Niederösterreich aufwärts geht und geradezu von einem Wirtschaftswunder auch im Zusammenhang mit der Grenzöffnung und EU-Osterweiterung die Rede ist: Flops wie die Wirtschaftsparks in Marchegg und Kottingbrunn, wo Jahre nach Eröffnung nur wenige Unternehmen angesiedelt wurden, oder der Ethanolanlage Pischelsdorf der Agrana versuchen die zuständigen Landespolitiker elegant wegzustecken. Fakt ist, dass sich das ökonomische Ungleichgewicht zwischen den Gunst- und den Ungunsträumen, sprich zwischen einigen wenigen Industriezentren und dem Wiener Umland auf der einen, den peripheren Regionen wie dem Waldviertel oder Weinviertel auf der anderen Seite weiter verstärkt hat. Dass Niederösterreich die zweithöchste Pro-Kopf-Verschuldung aller Bundesländer aufweist, passt auch nicht so recht zur Schönfärbung des Landes. Nur noch Niederösterreicher… Wie weiland Kaiser Wilhelm zu Beginn des ersten Weltkrieges keine Parteien, sondern nur noch Deutsche, so kennt der LH bei dieser Wahl nur noch Niederösterreicher – und will „Klarheit durch Mehrheit“. Nicht schwarz, sondern blau-gelb sind seine Farben. So was ist ganz nach dem Geschmack des Kapitals, dem politische Parteien, auch wenn es die eigenen sind, immer mehr zuwider werden. Lassen sich doch via Personen ganz herrlich politische Szenarien aufbauen, die man über die hauseigenen Medien beliebig steuern kann ohne dass eine lästige Basis viel nachfragt. Laut „trend“ ist Pröll der Paradetyp des politischen Borderliners, machtbewusst und mit dem Ellenbogen agierend, den Beamtenapparat voll unter Kontrolle, seine MitarbeiterInnen zusammenschreiend und mit Drohungen gegen jeden Widerspruch nicht sparsam, gleichzeitig mehr als empfindlich im Einstecken. Typisch dafür ist, dass Ex-Kanzler Schüssel seine damalige Vizekanzlerin Riess-Passer um zwei Uhr früh aus dem Bett holen musste, damit diese den „lieben Erwin“ anrufen und sich wegen einer Majestätsbeleidigung entschuldigen sollte. Das von der Grünen-Chefin Petrovic mit „Da ist selbst der Kreml transparenter“ charakterisierte ÖVP-Machtsystem sichert sich allseitig ab: So sind Anfragen im nö Landtag nur möglich, wenn die Mehrheit der Abgeordneten dies zulässt und den Vorsitz im Landesrechnungshofausschuss führt sicherheitshalber die Mehrheitspartei selbst. Finanziell ist die schwarze Vorherrschaft gut gepolstert – kassiert doch die ÖVP von den 18 Millionen Euro Parteienförderung pro Jahr deutlich mehr als die Hälfte. Und wie die SPÖ in einem „Schwarzbuch“ dokumentiert, gibt es eine auffallende „Umwegrentabilität“, indem landeseigene Unternehmen wie Hypo (100 Prozent Landeseigentum) oder NÖ Versicherung (75 Prozent Landeseigentum) teure Inserate in ÖVP-Zeitungen schalten oder parteinahe Veranstaltungen ausrichten. Die linke Alternative Die schwarze Herrschaft liegt wie eine bleierne Decke über dem Land unter der Enns. Angesichts solcher Zustände könnte man leicht der Verzweiflung anheim fallen. So weiß die KPÖ natürlich, dass sie angesichts der politischen Verhältnisse und der Tücken des Wahlrechts (Grundmandat oder vier Prozent landesweit) keine Chance hat in den Landtag einzuziehen oder den schwarzen Würgegriff zu stoppen. Aber immerhin hat sie es geschafft als einzige der nicht im Landtag vertretenen Parteien landesweit in allen 21 Wahlkreisen als soziale Alternative zum politischen Establishment auf dem Stimmzettel zu stehen. Im Gefolge der EU-Integration – die jetzt mit dem EU-Vertrag zementiert wird, bei dem sich ÖVP wie SPÖ und auch die Grünen einig sind, dass darüber keinesfalls das Volk befragt werden darf – hat die Landespolitik bekanntlich immer weniger zu sagen. Im Unterschied zu den anderen Parteien sagt die KPÖ auch klar, dass es angesichts dieses Kompetenzverlustes daher eigentlich um die großen politischen Fragen geht. Die wesentlichste dieser Fragen ist die Umverteilung, weil nicht akzeptiert werden kann, dass eine kleine Minderheit von Kapital und Vermögen immer reicher wird und zugleich immer weniger Steuern zahlt, während immer mehr Menschen bis weit in den Mittelstand hinein zunehmend in die Armut getrieben werden. Von einem Gegensteuern gegen diese Entwicklung hört man von den Landtagsparteien bezeichnenderweise nichts. Und doch: Es ist genug für alle da. Und: Eine andere Politik ist möglich.

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