Post: Schließung vieler weiterer Postämter folgt!

Rund 300 Postfilialen sollen österreichweit heuer noch geschlossen und durch „Postpartnerschaften“ mit Nahversorgern (Lebensmittelhändler, Trafiken, Tankstellen, Apotheken) ersetzt werden. So bleiben beispielsweise im 44 Gemeinden umfassenden Bezirk Gänserndorf nur mehr sieben echte Postfilialen übrig. Dem Bezirk Scheibbs mit 18 Gemeinden sollen die fünf bis jetzt verbliebenen Postämter vorerst (!) noch erhalten bleiben. Im Bezirk Waidhofen an der Thaya mit 15 Gemeinden sollen nach den Vorstellungen der Post AG bloß ganze zwei Filialen übrigbleiben!

Jetzt gehen in vielen betroffenen Gemeinden die Wogen hoch. Manche Bürgermeister zeigen sich kämpferisch für „ihr“ Postamt, andere resignieren, wieder andere freuen sich, dass bereits ein privater Postpartner gefunden wurde.

Nun geht es Schlag auf Schlag

In St. Pölten ist die Aufregung groß: „Alle paar Jahre wieder führen wir die Diskussion, welcher Teil unserer Infrastruktur der Gewinnmaximierung geopfert werden soll. Von Pyhra über Wagram bis Spratzern, überall will sich die Post zurückziehen. Die Vorgangsweise ist bekannt: Schließdrohung – Proteste – Suche nach Postpartner – Postpartner gefunden, stets unter Mithilfe der Gemeinden – Post sperrt zu – ein Jahr vergeht – Postpartner springt ab – Bevölkerung steht ohne Postversorgung da – Post schreibt Riesengewinn. Und das lassen wir uns nicht gefallen!“, so Robert Bruckner, Obmann der SPÖ-Sektion 8a in St. Pölten, der eine Unterschriftenaktion zur Erhaltung des Postamts 3103 (St. Pölten, Josefstraße) gestartet hat.

Aber auch das Postamt 3108 in St. Pölten-Wagram ist von der Post AG zur Schließung angemeldet, weil es angeblich nicht kostendeckend zu führen ist. Dies wollen weder Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) noch NRAbg. Anton Heinzl (SPÖ) hinnehmen: „Nach Harland, Radlberg, Pottenbrunn und St. Georgen sowie der Demontage von mehr als zwei Dutzend Briefkästen in den vergangenen Jahren können wir einem weiteren Kahlschlag im Stadtgebiet nicht zustimmen.“

Offenbar scharren bereits die Betreiber einer Bäckereifiliale und eines SPAR-Markts zur Übernahme dieser St. Pöltner Postämter in den Startlöchern.

Renate Gruber, Bürgermeisterin (SPÖ) in Gaming im Bezirk Scheibbs bedauert: „Wir sind da einfach machtlos.“ Sie ist sehr enttäuscht über die Schließung: „Für die Gemeinde ist es dramatisch. Wir verlieren Arbeitsplätze und Infrastruktur. Aber ich bin froh, dass wenigstens der Postverkehr aufrechterhalten wird.“ Den hat inzwischen bereits ein Schuhgeschäft übernommen.

Auch ihr Kollege Karl Solich, Bürgermeister (ÖVP) in Königsbrunn am Wagram im Bezirk Tulln, fügte sich: „Die Zahlen der Post konnte ich zwar weder nachvollziehen noch überprüfen, aber was soll ich tun?“

Kein Wort des Protests findet hingegen der St. Pöltner Vizebürgermeister Hannes Sassmann (ÖVP): „Aufgrund der neuen Technologien braucht man die Dienste der Post weniger oft als in der Vergangenheit. Wenn man sich Pottenbrunn ansieht, wo der Postpartner eine Tankstelle mit Öffnungszeiten von 6 bis 21 Uhr hat, bedeutet das für den Bürger mehr Service als früher. Es wird für die Post die Herausforderung sein, Postpartner zu finden, die das Angebot für die Bürger verbessern.“

Warnungen der KPÖ waren voll berechtigt

„Selber schuld“ könnten wir jetzt den protestierenden Lokalpolitikern von SPÖ und ÖVP sagen. Denn ihre eigenen Vertreter in Österreichs Regierungen, im Parlament und auf EU-Ebene haben ja der europaweiten Liberalisierung der Postdienste zugestimmt. Was wir in den letzten Jahren erleben müssen, zeigt, dass die Warnungen der KPÖ vor der Liberalisierung und Privatisierung der Post, beginnend mit deren Ausgliederung aus dem Bundesbudget unter SPÖ-Regierungsverantwortung und anschließender Zerstückelung in Post, Telekom, PSK und Postbus voll berechtigt waren. Unter der ÖVP-FPÖ-Regierung kam es zur ersten großen Postämter-Schließungswelle, fortgesetzt unter SPÖ-ÖVP-Regierungen, und Vernichtung tausender Post-Arbeitsplätze.

2009 legte Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) in einer Novellierung der Post-Universaldienstordnung fest, dass österreichweit mindestens 1.650 Postdienststellen betrieben werden müssen – einerlei ob durch die Post AG alleine oder mit Partnerschaften.

Postpartnerschaft: Ein „rot-weiß-rotes Erfolgsmodell“?

Anfang 2010 folgte dann eine gemeinsame Initiative von Post AG, Wirtschaftskammer und dem ÖVP-dominierten Gemeindebund Richtung Privatisierung mittels Forcierung von Postpartnerschaften. „Im Rahmen des rot-weiß-roten Erfolgsmodells Postpartnerschaft leisten heimische Unternehmen in ganz Österreich einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Nahversorgung“, hörten wir den lobpreisenden Wirtschaftskammer-Präsidenten Dr. Christoph Leitl sagen. Und: „Die Postpartnerschaft ist eine wesentliche Unterstützung, dass Nahversorger, etwa lokale Lebensmittelhändler, wirtschaftlich überlebensfähig bleiben. Die Übernahme von Postdiensten stellt eine dreifache Win-Situation dar: Es sichert nicht nur die Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen, sondern die Postpartner gewinnen zusätzliche Kunden und Einnahmen und die Post kann im Wettbewerb besser bestehen.“

Jeder Gemeinde ihren Postpartner?

Die Post AG erklärte sogar, künftig in allen 2375 Gemeinden Österreichs eine Geschäftsstelle anbieten zu wollen. „Das Ziel ist, dass es bald in jeder Gemeinde eine Poststelle gibt – auch in jenen, in denen es bisher kein Postamt gab“, freute sich Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer.

„Best Practice“-Beispiel für den Rest Europas?

Ihre Freude haben werden Post-Vorstand Pölzl, Wirtschaftskammer-Präsident Leitl und Gemeindebund-Präsident Mödlhammer auch mit Gerhard Fritz, dem Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF). Denn Kollege Fritz referierte im Oktober 2009 bei einem Besuch in Brüssel, wie Liberalisierung doch auf sozialverträgliche Art und Weise zu gestalten sei und gab sich überzeugt, dass das neue österreichische Postmarktgesetz als „Best Practise“-Beispiel für den Rest Europas dienen könne.

Studie: Liberalisierung führt zu weltweitem Desaster im Postsektor

Die Gewerkschaft UNI Post&Logistik Global Union, die schon seit längerem die Entwicklung der Gehälter und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in liberalisierten Postmärkten beobachtet, sieht das ein wenig anders. In ihrer im Mai 2009 veröffentlichten Studie heißt es zusammenfassend: „Die Liberalisierung des Postmarktes führt ohne Ausnahme zu erhöhter Arbeitslosigkeit, verschlechterten Arbeitsbedingungen und schlechterem Service für Kundinnen und Kunden. Ökonomische Theorien, die für eine Liberalisierung sprechen, versagen im Postsektor. Es kam zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bei den konkurrierenden Postdienstanbietern, zu Lohnkürzungen und Lohndumping, sowie zu einem Anstieg von prekären Arbeitsbedingungen durch einen Zuwachs von atypischer Beschäftigtung.“

KPÖ-NÖ: Post in öffentliches Eigentum rückführen!

Nach allem was bisher geschehen ist, fordern wir im Unterschied zur Gewerkschaft UNI die EU jedoch nicht nur auf, mittels Moratorium die dritte Postdienstleistungsrichtlinie aufzuschieben, sondern die EU-weite Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen zu beenden. Die Post ist eine elementare Infrastruktur-Einrichtung und gehört in öffentliches Eigentum!

Quellenangabe:

http://www.spoe-sektion8a.at/ [13.09.2010]

„NÖN“ St. Pölten, 06.09.2010

„NÖN“ Erlauftal, 17.08.2010

„NÖN“ Tulln, 19.05.2010

„NÖN“ St. Pölten, 06.09.2010

http://www.gemeindebund.at/news.php?id=1014&m=5&sm=16, 25.01.2010 [13.09.2010]

„Wiener Zeitung“, 26.01.2010

www.fsgpost.at/attachments/201_EU_NEWS_07_OKT_2009.pdf [13.09.2010]

http://www.uniglobalunion.org/Apps/UNIPub.nsf/vwLkpById/074A0B2F7238C0C1C12575C10049F7E5/$FILE/UNI% 20P&L%20RESEARCH%20ON%20LIBERALISATION%20-%20DE.PDF [13.09.2010]

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