Tägliche Turnstunde: Wir warten schon 42 Jahre!

Von erstaunlicher Aktualität ist ein Artikel des ehemaligen Sportsprechers der KPÖ, Kurt Castka, geschrieben von vor bald 20 Jahren, am 25. Jänner 1993, für die Mitgliederzeitung „Argument“. Zum Thema „Schulsport“ schrieb Castka: „Seit vielen Jahren bemühen sich die obersten Sportorganisationen des Landes … die gemeinsame Forderung nach einer täglichen Sportstunde an den Pflichtschulen durchzusetzen. Dutzende dieser Forderungen wurden bei Jahreskonferenzen und Tagungen immer wieder beschlossen und den zuständigen Stellen in der Regierung zugeleitet. … Dieser Kampf der Sportorganisationen dauert schon seit der Zeit, als Kreisky SPÖ-Parteivorsitzender und Bundeskanzler der Alleinregierung war. Er versprach zwar die Durchsetzung dieser eminent wichtigen Forderung während des Wahlkampfes 1970, vergaß diese aber nach Erreichung des Wahlzieles durch die SPÖ. Die Schülerinnen und Schüler leiden heute viel öfter als in der Vergangenheit an Haltungsschäden, Übergewicht usw., doch die tägliche Sportstunde in den Pflichtschulen wird es auch in absehbarer Zeit nicht geben. Die den beiden Großparteien nahestehenden Dachverbände (ASKÖ, Sportunion) waren kurioserweise nicht in der Lage, ihre Parteifreunde zur Realisierung zu bewegen. …“

Seit dem schlechten Abschneiden bei der Olympiade 2012 ist die tägliche Turnstunde wieder in aller Munde. Die Österreichische Bundes-Sportorganisation (BSO) sammelte 100.000 Unterschriften. Alle 183 Nationalratsabgeordneten sind dafür, der NÖ Landtag ist dafür. 84 Prozent der Eltern in Niederösterreich sind laut einer von LHStv. Sobotka und Sportlandesrätin Bohuslav (beide ÖVP) präsentierten Studie dafür, dass in den Schulen mehr Zeit für die Bewegung der Kinder bzw. für den Sport aufgewendet werden soll. 80 Prozent der Eltern seien sogar bereit, für die Bewegungsstunden mitzuzahlen (!). Dieser Befragung zufolge würden über zwei Drittel der Eltern ihre Kinder für Sportstunden auch länger in der Schule lassen, sagte LHStv. Sobotka.

Im Zusammenhang mit fehlenden Ganztagsschulen, Turnsälen und Sportlehrern geht es also wieder um das liebe Geld. Der eingangs erwähnte ehemalige KPÖ-Sportsprecher Kurt Castka schrieb 1993: „Wenn der Wille vorhanden wäre, die seit Jahrzehnten geforderte tägliche Sportstunde in unseren Pflichtschulen einzuführen, müsste wohl auch das dafür notwendige Geld aufzutreiben sein. Das müsste uns allen und erst recht der Regierung die Gesundheit unserer Kinder wert sein.“

Jeder in Sport und Bewegung investierte Euro bringe eine Ersparnis von drei Euro für das österreichische Gesundheitssystem, meinte Sportlandesrätin Bohuslav, und: „In der Schule können auch die Talente entdeckt werden.“ Worauf warten dann die Regierungsverantwortlichen von SPÖ und ÖVP eigentlich noch?

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